Lob für Völkerverständigung

Besondere Namensgebung: Drei neue Wege im Neubaugebiet in Bollschweil eingeweiht

Bollschweil. Am  Sonntag wurden in  Bollschweil mit einem beeindruckenden Festakt drei neue Wege im Neubaugebiet „Südlich der General-von-Holzig-Straße II“ eingeweiht, der Agatha-Burgert-Weg, der Willi-Bechtold-Weg und der Berstett-Weg. Diese Straßennamen waren aus vielen eingegangenen Vorschlägen der Bevölkerung ausgewählt worden und berücksichtigen insbesondere die Kultur- und Wertepflege.

Das Fest begann mit einem ökumenischen Gottesdienst in der Pfarrkirche St. Hilarius zu Liedern des Kirchenchors Bollschweil. Anschließend gingen die zahlreichen Besucher in einem Spaziergang zur Einweihung der Wege ins Neubaugebiet.  Bürgermeister Jörg Wagner begrüßte die Gäste aus Deutschland und Frankreich, die Trachtenkapelle Bollschweil sorgte für die musikalische Umrahmung.
Dann übernahm Hubert Koch die Laudatio für Agatha Burgert. Die Burgerts waren erst Anfang der 1930er Jahre nach Bollschweil auf ihren geerbten Bauernhof gezogen und waren als Zugezogene  Außenseiter. Trotzdem entschied sich Agatha Burgert, die selbst fünf Kinder hatte, früh  die jüdische Familie Oskar, Emma und ihre drei Kinder Nelly, Edgar und Horst Heilbrunner bei sich aufzunehmen und zu verstecken, um ihnen  das Leben zu retten. Sie handelte im Dienste der Menschlichkeit, obwohl sie dadurch sich und ihre Familie in große Gefahr brachte. Lange war diese Heldentat nicht an die Öffentlichkeit geraten. Den ersten Stein ins Rollen brachte die preisgekrönte Magisterarbeit „Ziviler Widerstand. Hilfe für verfolgte Juden in Freiburg 1940-1945“ von Christina Eckert. Danach wurde Schritt für Schritt die Geschichte dieser stillen Heldin bekannt. Unter großem Applaus durchschnitt die Familie der 1966 verstorbenen mutigen Frau, zusammen mit Bürgermeister Jörg Wagner, das Band zur Einweihung des neuen Weges. Jörg Wagner hofft, dass dieser Weg eine Inspiration für alle sein wird, sich für Recht und Gerechtigkeit einzusetzen.
Auch die Namenswahl für den Willi-Bechthold-Weg ist eine Neuheit und kommt selten vor. Denn der Namensgeber ist der 95-jährige Ehrenbürger von Bollschweil und der Partnergemeinde Berstett Willi Bechthold. Es gab am Anfang Zweifel diesen ungewöhnlichen Weg zu gehen und eine lebende Person als Namensgeber zu nehmen, aber Willi Bechtold  war einverstanden. Er  war von 1960 an 33 Jahre Lehrer an der Marie-Luise-Kaschnitz-Grundschule, davon 25 Jahre Schulleiter. 50 Jahre hat er den Kirchenchor geleitet. Er hat große Verdienste um die Gemeinde erworben und sich vor allem seit 1988 sehr stark für die deutsch-französische Freundschaft eingesetzt. Ein besonders berührender Moment, der mit großem Applaus begleitet wurde, war als Willi Bechtold mit Hilfe von Jörg Wagner das Band zur Einweihung selbst durchschnitt und gut gelaunt die Anwesenden und vor allem seine französischen Freunde mit liebevollen Worten begrüßte. Ein Spruch von ihm: Wichtiger als jede Anerkennung ist mir, dass Deutsche und Franzosen nach so vielen Kriegen Freunde geworden sind. Jörg Wagner wünscht sich, dass der neue Weg ein ständiges Denkmal für die Hingabe des Namensgebers an die Gemeinde sein möge und alle 
Menschen inspiriere. Der dritte Weg, der neue Berstett-Weg steht in engem Zusammenhang mit dem zweiten Weg. Jörg Wagner freut sich, dass so viele Berstetter  Bürger, ein ganzer Bus, der Einladung gefolgt sind.
Die 1988 begründete Partnerschaft wurde und wird bis heute gelebt.  Der Bürgermeister von Berstett Jean-Paul Fournier zitiert Victor Hugo: Freundschaft ist die Ähnlichkeit der Seelen und überreicht eine Ehrentafel für fast 35-jährige treue Freundschaft zwischen den Gemeinden. Dazu tanzt die Trachtengruppe aus  Berstett schwungvolle Tänze. Bollschweils Altbürgermeister  Josef Schweizer mahnt angesichts des Zustandes der Welt, die Wege der Freundschaft weiterzugehen. Durch Zusammenarbeit und Verständnis könne die Welt zu einem besseren Ort gemacht werden. Gabi Kenz